Aufarbeitungskommission veröffentlicht Empfehlungspapier für kindgerechte Strafverfahren bei Kindesmissbrauch

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs setzt sich für eine Verbesserung der kindgerechten und betroffenensensiblen Ausgestaltung von Ermittlungs- und Strafverfahren ein u.a. durch die Bildung von Kompetenzzentren bei den Ermittlungsbehörden und der Strafjustiz, Aus- und Fortbildungen sowie eine bessere Vernetzung der handelnden Akteure und die Beschleunigung der Verfahren.

Berlin, 03.09.2018. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurde im Jahr 2017 in rund 13.000 Fällen Anzeige wegen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen erstattet (Hellfeld). Das sind etwa 20 {2443797beedb247ddae24b36ea39dfa1bad456eb83c4f7e0f536f0c0e676e2e4} im Gegensatz zum Dunkelfeld, dessen Schätzungen regelmäßig bei ca. 80 {2443797beedb247ddae24b36ea39dfa1bad456eb83c4f7e0f536f0c0e676e2e4} liegen. Demzufolge zeigt ein großer Teil der Betroffenen die an ihnen begangenen Taten nicht an. Das spiegelt sich auch in den Berichten der Betroffenen wieder, die sich bisher an die Kommission gewandt haben.

Bei der Auswertung der vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichte war auffallend, dass viele Betroffene davon ausgingen, ihnen würde im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren unsensibel begegnet und nicht geglaubt. Oft gaben sie an, dass sie den Eindruck haben, dass Täter und Täterinnen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Einstellung des Verfahrens, eine milde Strafe oder sogar einen Freispruch hoffen könnten.

Prof. Dr. Sabine Andresen, Vorsitzende der Kommission:

„Der Wert einer Strafanzeige liegt nicht nur in einer Verurteilung der Täter oder Täterinnen. Durch sie wird auch das Schweigen durchbrochen. Um Kindern und Jugendlichen, aber auch mittlerweile erwachsenen Betroffenen das Sprechen zu ermöglichen, brauchen sie ebenfalls Unterstützung in Ermittlungs- und Strafverfahren. Das wurde in vielen Gesprächen mit Betroffenen deutlich.“

Brigitte Tilmann, Mitglied der Kommission: „Zusätzlich wirkt sich eine Strafanzeige auf die Kriminalstatistik aus, in die sie eingeht. Je aussagekräftiger diese ist, umso stärker fördert sie ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Dimension von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen.“

Um Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs den Zugang zu Ermittlungs- und Strafverfahren zu erleichtern oder gar erst zu ermöglichen, hat die Kommission „Empfehlungen zur Verbesserung der Situation von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend betroffener Menschen in Ermittlungs- und Strafverfahren“ erarbeitet, die sie heute veröffentlicht. Grundlage dafür sind insbesondere die Schilderungen von Betroffenen, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Erkenntnisse aus dem Austausch mit Expertinnen und Experten der Justiz und Fachberatungsstellen.

Hier finden Sie die vollständige Pressemitteilung der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs

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